Sophie Utikal
WITH NEW EYES ( When my body was still yours)
Eröffnung: 18. Januar 2025, 18 Uhr
Einführung: Lena Fries
Dauer der Ausstellung: 18. Januar – 8. März 2025
Artist Talk: 8. März 2025, 16 Uhr
Im Zentrum von Sophie Utikals Einzelausstellung „WITH NEW EYES (When my body was still yours)“ stehen sechs handgenähte, textile Arbeiten, die die Künstlerin eigens für die Ausstellung im Neuen Kunstverein Gießen gefertigt hat. Ausgangspunkt des Werkzyklus sind persönliche Eindrücke und Emotionen, die sie mit ihrem ersten Jahr als Mutter verbindet.
Bereits von außen zieht ein großformatiges, semitransparentes Bild die Aufmerksamkeit der Besucher*innen auf sich. Umgeben von opaken, geschwungenen Linien ist eine Figur zu erkennen, die ein Kind auf dem Arm hält. Die beiden befinden sich zwischen textilen Schichten, die den Hintergrund teilweise verschwimmen und die Umgebung der Figuren unklar und gedämpft erscheinen lassen. Die Symbiose der Figuren ist für die Betrachter*innen nicht greifbar und spiegelt deren Isolation und gegenseitige Abhängigkeit voneinander wider. Vom Inneren des Raums aus betrachtet, wird diese Distanz weiter dadurch verstärkt, dass die Figuren selbst von der Rückseite durch weitere Stofflagen vom Blick der Rezipient*innen getrennt bleiben.
Auf ähnliche Weise sind die Figuren in der Arbeit „On the inside of a cloud“, die sich in der Mitte des Raumes befindet, vom umliegenden Geschehen getrennt. Undurchlässige, waagerechte Linien umschließen die beiden Personen. Eine schwangere Figur wird von einer zweiten, die direkt hinter ihr steht, umarmt, wobei deren Arme die vordere Figur noch weiter abschirmen. Sie wirken wie zwei Versionen derselben Person. Ist es eine Erinnerung an das Leben vor der Schwangerschaft? Ein völlig neues Leben, das nun beginnt?
Die wechselseitigen Beziehungen zwischen Kind und Mutter sowie deren beide Versionen vor und nach der Schwangerschaft werden in den Arbeiten, die unmittelbar vor den Wänden des Ausstellungsraums zu schweben scheinen, in anderen Konstellationen wieder aufgegriffen. So wird beispielsweise in „Holding the Skies Together“ die Fokussierung der Mutter auf ihr Kind in einer instabilen, nicht fassbaren Umgebung dargestellt, die gleichzeitig einen Schutzraum bildet. Alles um sie herum scheint zu wanken, aber die Verbindung zwischen den beiden ist klar.
Stets scheinen die Figuren ineinander überzugehen - sie verschmelzen nahezu miteinander und lassen nur mit Mühe die Umrisse der jeweiligen Körper erkennen. Die beiden Arbeiten mit dem Titel „When my body was still yours” (als mein Körper noch Dir gehörte) zeigen einen nostalgischen Blick auf das erste Jahr als Mutter. Denn die Symbiose ist nicht von Dauer. Sie löst sich nach und nach immer weiter auf.
Inmitten Sophie Utikals Ausstellung entsteht ein intimer Moment: Ähnlich wie die Figuren sind wir als Betrachter*innen von weichen, schwingenden Formen umgeben, die uns einen Blick in diese Gefühlswelt erlauben. Trotz der Weichheit der Stoffe wirken diese nicht fragil. Die kräftigen Nähte, die typisch für Sophie Utikals Arbeiten sind, strahlen hingegen Bestimmtheit und Versöhnlichkeit aus.
Text: Lena Fries
Produktionsassistenz: Tsukasa Yamamoto und Inirida Utikal
Kinderbetreuung: Cheongjin Keem
Sophie Utikal ist eine Textilkünstlerin, die zwischen Berlin und Wien lebt und arbeitet. Sie wurde in Tallahassee, USA, geboren und wuchs in Mainz, Deutschland, auf. Sie studierte kontextuelle Malerei bei Ashley Hans Scheirl an der Akademie der bildenden Künste Wien (2014-2019) und ist Mitherausgeberin des Buches Anti-Colonial Fantasies/Decolonial Strategies (2017). Ihre Kunstwerke wurden in ganz Europa gezeigt, darunter Kristinstads Konsthal (2022), Kunsthalle Wien (2021), Mediterranea Biennale 19 in San Marino (2021), Museion Bolzano (2018). Ihre letzte Einzelausstellung fand im Kunstraum Innsbruck, AT (2023) und in der Galerie im Turm, Berlin, Deutschland (2020) statt. Ihre Arbeiten sind Teil der öffentlichen Sammlung der Bundesrepublik Deutschland und der Privatsammlung des Museion, Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen, in Südtirol, Italien.